Vor 100 Jahren wurde der Bahnhof Petershagen eröffnet
Es sind drei Bahnhöfe, die
einmal den Namen Petershagen trugen bzw. tragen. Der heutige Bahnhof Fredersdorf
hieß vom 15. September 1872 bis 1. Januar 1875 Petershagen (Ostbahn) und der am
1. August 1944 eröffnete Bahnhof Giebelsee wurde am 28. Mai 1967 in den
heutigen Namen Petershagen Nord umbenannt. Das Jubiläum bezieht sich also auf
den Bahnhof, der sich in der Hennickendorfer Straße (heute
Wilhelm-Pieck-Straße) befand.
Die Gradlinigkeit der Ostbahn
brachte entlang der Route viele Zweigbahnen mit sich. Als ersten Abzweig eröffneten
die Königlich Preußischen Staatseisenbahnen am 15. September 1872 die
Zweigstrecke vom Bahnhof Petershagen(später
Fredersdorf) über Petershagen zum 5,4 Kilometer entfernten Rüdersdorf.
Hauptzweck war die Anbindung der Kalksteinbrüche, im Gefolge kamen noch diverse
Industriebetriebe und ein ausgedehntes Netz von Anschlussgleisen dazu. Am 1.
Oktober 1891 wurde auf der Strecke der Berliner Vororttarif eingeführt. Es
fuhren Personenzüge nach Rüdersdorf, sie hielten allerdings nicht in
Petershagen, obwohl die Zahl der
Einwohner und der Grundstücke zur Wochenend-nutzung durch Berliner Bürger rasant
zunahm. Es entstand außerhalb des Ortskerns eine völlig neue Infrastruktur in
Petershagen Süd. Ab 1919 hielt der Zug deshalb auch in Petershagen, es wurde
ein Haltepunkt eingerichtet. Daraus entsteht der am 15. Dezember 1923 eröffnete Bahnhof Petershagen, ab 01.08.35 mit
dem Zusatz (b Berlin). Die Kolonie Süd ist damit an die Hauptstadt angebunden. Noch
recht einfach in den Anfängen aber das änderte sich im Laufe der Zeit. In den
30er Jahren wurde ein entsprechendes Bahnhofsgebäude
gebaut, wahrscheinlich vom Berliner Reichsbahnarchitekten Richard Brademann entworfen.
Die
Ausbaupläne der NS Zeit sahen vor, mit einem viergleisigen
Verzweigungsbahnhof Fredersdorf, die
S-Bahn bis Strausberg und Rüdersdorf zu verlängern. Eine neue Querverbindung
sollte von Fredersdorf südwärts nach Erkner führen. Zur Realisierung dieser Pläne
kam es nicht. Der elektrische S-Bahn Betrieb nach Strausberg wurde am 30. Oktober
1948 aufgenommen. Unsere „Bergbahn“ wurde nicht berücksichtigt und die
Fahrgäste mussten weiterhin mit Dampfzügen vorlieb nehmen. Der schwarze Zug
verkehrte im Pendelverkehr. Vom Bahnhof Petershagen gab es im Sommer 1951 in
jede Richtung werktags 19 Abfahrten. Der erste Zug ging 4.55 Uhr Richtung
Fredersdorf und erreichte den dortigen Bahnhof 4.59 Uhr. Um 5.11 Uhr ging es dann mit der
S-Bahn nach Berlin. Der Sommerfahrplan 1956 sah sogar 20 Abfahrten in jede
Richtung vor und der letzte Zug am Wochenende fuhr um 1.00 Uhr ab Fredersdorf
und war fünf Minuten später an unserem Bahnhof. Dieser lag verkehrsgünstig,
denn an der Hennickendorfer Straße (ab 1953 Wilhelm-Pieck-Straße) gab es viele
Geschäfte und Gaststätten (1950 - 56 Gewerbetreibende).
Viele Zweigstrecken der
Ostbahn wurden in den 60er Jahren eingestellt, die „Bergbahn“ und den Bahnhof
Petershagen ereilte das Schicksal am 30. Mai 1965. Die Deutsche Reichsbahn
stellte den Personenverkehr ein und der Bahnhof wurde geschlossen. Bis heute
wird die Strecke aber immer noch für den Güterverkehr genutzt. Das Bahnhofsgebäude
war noch einige Zeit Wohnhaus, dann verfiel es. 2017 kaufte die Freie
evangelische Gemeinde Petershagen Haus und Grundstück von der Deutschen Bahn.
Nach etwa vier Jahren Bauzeit mit vielen ehrenamtlichen Arbeitsstunden und
vielfältiger Hilfe konnte das Gemeindehaus als Begegnungsstätte im Oktober 2020
unter dem Motto „Neues Leben im Alten Bahnhof“ eröffnet werden. Seit einigen
Tagen steht vor dem Gebäude eine rote Telefonzelle mit Büchern unter dem Motto
„Leihen, Lesen, Tauschen“. Die Bänke daneben laden dann in der wärmeren
Jahreszeit zum Lesen ein. Der schwarze Zug aber kommt nicht mehr.